Plitvicer Seen

Der Nationalpark Plitvicer Seen hat seit 1949 den Status eines Nationalparks und wurde 1979 von der UNSECO in das Verzeichnis des Weltnaturerbes aufgenommen. Die Plitvicer Seen bildeten sich im hügeligen Karstgebiet Mittelkroatiens zwischen den Gebirgen Pljesevica im Osten und dem Massiv Mala Kapela im Westen inmitten des dinarischen Gebirgszuges. Die Seen befinden sich direkt an einer wichtigen Nord-Süd-Straßenverbindung, die das Landesinnere Kroatiens mit der mediterranen Küstengegend verbindet. Von der Fläche her ist es größte Nationalpark Kroatiens und zugleich auch der älteste Nationalpark Südosteuropas. Das geschützte Nationalparkgebiet umfasst 296,85 Quadratkilometer. Der Name Plitvice kommt von plitvak, plitko=seicht, welches die seichten Becken beschreibt, aus denen dann später Seen wurden. Derzeit gibt es 16 Seen an der Erdobefläche, die auf einer Länge von 8 km sich wie die Perlen einer Kette aneinanderreihen und die durch unterirdische Wasserläufe und zahllose rauschende Wasserfälle miteinander verbunden sind. Stufenförmig ergießt sich hier im “Land der fallenden Seen” das kristallklare, blaugrüne Wasser über Kalkbarrieren von einem Gewässer in das nächste. Die Einteilung der Seen erfolgt durch die geographische Höhe, es gibt daher 12 obere Seen (Gornja jezera) und 4 untere Seen (Donja jezera). Die oberen Seen heissen: Prošćansko jezero, Ciginovac, Okrugljak, Batinovac, Veliko jezero, Malo jezero, Vir, Galovac, Milinovo jezero, Gradinsko jezero, Buk und Kozjak.

 

Die unteren Seen heissen: Milanovac, Gavanovac, Kaluđerovac und Novakovića brod. Die Seen “Kozjak” und der “Prošćansko jezero” sind die größten im Nationalpark. Die tiefste Stelle im Kozjak ist 47 m tief, im Prošćansko jezero sind es immerhin noch 37 Meter. Neben den Seen sind auch die vielen Wasserfälle beeindruckend. Bekannte Wasserfälle sind der Veliki slap (78 m) = großer Wasserfall oder auch der Galovački buk (25 m). Der Untergrund der Plitvicer Seen ist unterschiedlich beschaffen. Das gesamte Gebiet des Nationalparks wird dem südosteuropäischen Karstgebiet zugerechnet. Typisch für das Karstgebiet ist sprödes oder löchriges Gestein, meist Kalkstein oder Dolomit, das an der Oberfläche unterschiedlichste geomorphologische Ausformungen hat. Ein besonderes interessantes Betätigungsfeld für Speläologen ist die Analyse der unterirdischen Wasserverläufe in diesem Gebiet. Auf den ersten Blick zeichnet sich das Karstgebiet durch seine Wasserarmut aus, das heißt, es herrscht ein Mangel an Quellen und Flüssen. Dies ist jedoch nur an der Erdoberfläche der Fall. Ein beträchtlicher Teil der Naturschauspiele spielt sich im Inneren des Gesteins ab, wo auch ausreichend Wasser vorhanden ist. Aufgrund der porösen Eigenschaften des Karstgesteins versickern die Flüsse im Gestein und bahnen sich dort ihre Wege weiter. Wo der Fluss auf härteres Gestein trifft, treten die Wassermassen der Karstflüsse wieder an die Erdoberfläche, was auch bei den Plitvicer Seen so der Fall ist.

 

Ab dem Erdzeitdalter des Pleistozäns bildeten sich Marmorsedimente (hier: Travertin) in den Dolinen und Senken zwischen den umgrenzenden Gebirgen. Grob betrachtet herrschen an den Plitvicer Seen zwei Gesteinsformationen vor. Die oberen Seen im Süden liegen in einer Zone mit überwiegend Dolomitgestein, die unteren Seen im Norden überwiegend in einer Zone aus Kalkgestein. Dolomit ist von der Beschaffenheit her etwas härter als Kalkgestein. Es ist zwar durch physikalische Einwirkung leicht zerbrechlich, zeichnet sich aber durch eine geringe Wasserdurchdringbarkeit aus. Kalkgestein ist im Gegensatz dazu etwas kompakter und massiver, weist aber eine höhere Wasserlöslichkeit auf. Zur Bildung von Travertinbarrieren kommt es dadurch, dass kalkreiches Wasser in dünnen Schichten über einen stabilen Grund fließt und aufgewirbelt wird. Es bildet somit eine große Oberfläche und gibt dadurch vermehrt Kohlendioxid (CO2) ab. Kleine Kristalle werden abgelagert und es entsteht Kalksinter, auch Kalktuff genannt (CaCO3). Dadurch bilden sich Barrieren, vor allem an den dort reichlich vorhandenen Moosen. Im Laufe der Zeit können durch wachsende Barrieren und ansteigende Wasserstände ältere Barrieren überschwemmt werden. Noch vor etwa 400 Jahren trennte eine ältere Barriere den See Kozjak in zwei Hälften. Die Barriere befindet sich heute ziemlich in der Mitte des Sees, etwa fünf Meter unter der Seeoberfläche. Betrachtet man die Plitvicer Seen aus der Luft, so sieht man eindeutige Unterschiede zwischen den oberen und den unteren Seen. Während sich bei den oberen mehrere kleinere Seen parallel zueinander gebildet haben und der Wasserverlauf viel flacher ist, graben sich die unteren Seen gewissermaßen in das Gestein ein. Die Zahl der unteren Seen ist geringer. Sie bilden praktisch eine Schlucht, der als Fluss Korana weiterfließt.



Eine weitere Besonderheit der Plitvicer Seen ist, dass sie keine abgetrennten Stehgewässer darstellen. Die jeweiligen Seen sind stets als zusammengehöriges System zu betrachten. Aufgrund der stetigen Veränderungen sind Analysen einzelner Seen auch nicht unbedingt zielführend. Die Wassermassen, die den Seen im oberirdischen oder unterirdischen Verlauf zufließen und am Ende als Fluss Korana weiterströmen, verändern das Aussehen der Seen und der umliegenden Landschaft stets von neuem. Kalktuff wird einerseits teilweise wieder fortgeschwemmt, andererseits bilden sich ständig neue Ablagerungen. So entstehen neue Wasserfälle, während alte versiegen. Auch die Natur passt sich ständig an die neuen Gegebenheiten an. Insgesamt gesehen stellt der Seenkomplex ein äusserst empfindliches und sich schnell veränderndes Ökosystem dar. Eine weltweite Besonderheit sind hier auch die Einflüsse auf die Fauna. Das rauschende Flusswasser bildet beim Überfließen natürlicher Schwellen stets neue Barrieren, die das Wasser auf mehreren, mit Wasserfällen verbundenen Ebenen zunächst verlangsamen und letztendlich aufstauen. Es kommt zu einer Wechselwirkung zwischen Wasser, Luft, Gestein und der Vegetation. Die bei den Barrieren aufgewühlten Wassermassen schaffen immer imposantere Wasserfälle, die in die Höhe wachsen. Wissenschaftliche Untersuchungen der Pflanzenwelt führten zu einer Auflistung von insgesamt 1267 unterschiedlichen Pflanzenarten aus 109 Gattungen. 75 von den im Park vorkommenden Pflanzenarten sind endemisch, das heißt sie wurden zuerst in diesem Raum oder unweit davon entfernt beschrieben und klassifiziert.

 

Eine Vielzahl dieser Arten sind gesetzlich geschützt. Im Nationalpark gibt es 55 unterschiedliche Orchideenarten Beispiele für die endemischen Pflanzen sind Amethyst-Blaustern und die schmalblättrige Krugglocke. Andere zumindest recht seltene Pflanzen sind der gelbe Frauenschuh und der sibirische Goldkolben sowie das gemeine Fettkraut, eine fleischfressende Pflanze. Durch die verschiedenen Pflanzenarten ist der Park nahezu das ganze Jahr über biologisch interessant. Was der Name der Plitvicer Seen zunächst nicht vermuten lässt: nur knapp 1% des Parks sind Wasserflächen, der überwiegende Teil sind Waldflächen. Besonders interessant ist das Gebiet “Čorkova uvala” im Nordwesten des Gebietes, da es dort jahrhundertealte Buchen und Tannen gibt. Daneben gibt es Weiden in den dörflichen Siedlungen, die als Gemeinde Plitvička jezera zusammengefasst sind. Das erweiterte Gebiet des Nationalparks ist eines der letzten Europas, in dem noch eine Vielzahl an wildlebenden Bären und Wölfen, sowie Iltisse und Uhus anzutreffen sind. Die reichhaltige Tierwelt der Plitvicer Seen belegt sich in den folgenden Fakten: Insgesamt kommen im Nationalpark etwa 50 Säugetierarten vor. Derzeit zählen die Forscher 321 unterschiedliche Schmetterlingsarten, von denen 76 zu den Tagfaltern und 245 zu den Nachtfaltern gehören. Wissenschaftler schätzen, dass bislang lediglich erst 40-50 Prozent der gesamten Schmetterlingspopulation erfasst wurden. Bisher wurden 12 Amphibienarten, sowie einige seltene Reptilienarten entdeckt (so zum Beispiel die Waldechse, die östliche Smaragdeidechse, die Würfelnatter, die Kreuzotter, die europäische Hornotter und die europäische Sumpfschildkröte). Hinsichtlich der unterschiedlichen Vogelarten liegen die Plitvicer Seen an dritter Stelle der kroatischen Nationalparks. Es wurden bislang 157 Arten gezählt. Über 60 dieser Arten nisten auch im Nationalpark.

 

Die Plitvicer Seen sind zudem Heimat ausgesprochen vieler Fledermausarten. Neuesten Forschungen zufolge existieren 20 verschiedene Fledermausarten, darunter auch die seltene Gattung der Langohrfledermäuse. Die genaue Herkunft der unterschiedlichen Fischarten in den Seen ist bislang noch nicht zur Gänze geklärt. Zu den Urarten der Seen zählt die Bachforelle, die an den oberen Seen vorkommt und die Seeforelle, die vorwiegend im Kozjak zu sehen ist. Diese heimischen Forellenarten entwickelten sich unabhängig voneinander in unterschiedlichen Lebensbedingungen in den einzelnen Seen. Aufgrund des immer stärkeren Pflanzenbewuchses der Barrieren vermehren sich Allochthone (gebietsfremde Lebewesen), die das Ökosystem sehr rasch gefährden und somit auch die autochtonen Forellenarten. Außer den Forellen sind noch häufig kleinere Elritzen zu beobachten. Durch menschliche Einwirkung kam es zur Aussetzung von alpinen Saiblingen und der nordamerikanischen Regenbogenforelle. In letzter Zeit entdeckte man in den Gewässern den Döbel, auch Aitel genannt, und Rotfedern, deren Vorkommen wohl auf Klimaveränderungen zurückzuführen ist. Die beinahe ausgestorbenen Flusskrebse kommen nun in immer größerer Zahl vor. Auch sehr seltene Grottenolme leben in den unterirdischen Karsthöhlen dieses Nationalparks